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Heinrich HeineWie man behauptet, giebt es greise Menschen in Westphalen, die noch immer wissen wo die alten Götterbilder verborgen liegen; auf ihrem Sterbebette sagen sie es dem jüngsten Enkel, und der trägt dann das theure Geheimniß in dem verschwiegenen Sachsenherz. In Westphalen, dem ehemaligen Sachsen, ist nicht alles todt was begraben ist. Wenn man dort durch die alten Eichenhaine wandelt, hört man noch die Stimmen der Vorzeit, da hört man noch den Nachhall jener tiefsinnigen Zaubersprüche, worin mehr Lebensfülle quillt, als in der ganzen Literatur der Mark Brandenburg. Eine geheimnißvolle Ehrfurcht durchschauerte meine Seele, als ich einst, diese Waldungen durchwandernd, bey der uralten Siegburg vorbey kam. "Hier", sagte mein Wegweiser, "hier wohnte einst König Wittekind" und er seufzte tief. Es war ein schlichter Holzhauer und er trug ein großes Beil. Ich bin überzeugt, dieser Mann, wenn es drauf ankömmt, schlägt er sich noch heute für König Wittekind; und wehe! dem Schädel worauf sein Beil fällt. Das
war ein schwarzer Tag für Sachsenland als Wittekind, sein
tapferer
Herzog, von Kaiser Karl geschlagen wurde, bey Engter. "Als er
flüchtend
gen Ellerbruch zog, und nun alles, mit Weib und Kind, an den Furth kam
und sich drängte, mochte eine alte Frau nicht weiter gehen.
Weil sie
aber dem Feinde nicht lebendig in die Hände fallen sollte, so
wurde sie
von den Sachsen lebendig in einen Sandhügel bey Bellmans-Kamp
begraben;
dabey sprachen sie: krup under, krup under, de Welt is di gram, du
kannst dem Gerappel nich mer folgen."
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